Die Weihnachtsgeschichte aus dem Jakobus Evangelium
Die Geburt Jesu
Jesus Christus offenbart durch Jakob Lorber
Die „Weihnachtsgeschichte“
Auszug aus dem Jakobus-Evangelium1)
über die Kindheit und Jugend Jesu
1) Nähere Informationen bezüglich des Jakobus-Evangeliums sind zu Beginn des gesamten Werkes „Kindheit und Jugend Jesu“ durch den Herrn selbst gegeben.
Vorgeschichte: Wie die Tempelschülerin Maria in Josephs Obhut kam
1,3. Maria aber, die im Tempel auferzogen ward, ist reif geworden, und es war nach dem Mosaischen Gesetze not, sie aus dem Tempel zu geben.
1,4. Es wurden darum Boten in ganz Judäa ausgesandt, solches zu verkünden, auf daß die Väter kämen, um, so jemand als würdig befunden würde, das Mägdlein zu nehmen in sein Haus.
1,6. Als sich aber nach Ablauf von drei Tagen die sich darum gemeldet Habenden wieder am vorbestimmten Orte versammelt hatten und ein jeder Bewerber um Maria einen frischen Lilienstab so bestimmtermaßen dem Priester dargereicht hatte, da ging der Priester alsbald mit den Stäben in das Innere des Tempels und betete dort.
1,7. Nachdem er aber sein Gebet beendet hatte, trat er wieder mit den Stäben heraus und gab einem jeglichen seinen Stab wieder.
1,8. Alle Stäbe aber wurden sobald fleckig; nur der zuletzt dem Joseph überreichte blieb frisch und makellos.
1,9. Es hielten sich aber darob einige auf und erklärten diese Probe für parteiisch und somit für ungültig und verlangten eine andere Probe, mit der sich durchaus kein Unfug verbinden ließe.
1,10. Der Priester, darob etwas erregt, ließ sogleich Maria holen, gab ihr eine Taube in die Hand und behieß sie treten in die Mitte der Bewerber, auf daß sie daselbst die Taube frei solle fliegen lassen
1,11. und sprach noch vor dem Auslassen der Taube zu den Bewerbern: »Sehet, ihr Falschdeuter der Zeichen Jehovas! Diese Taube ist ein unschuldig reines Tier und hat kein Gehör für unsere Beredung,
1,12. sondern lebte allein in dem Willen des Herrn und versteht allein die allmächtige Sprache Gottes!
1,13. Haltet eure Stäbe in die Höhe! - Auf dessen Stab diese Taube, so sie das Mägdlein auslassen wird, sich niederlassen wird und auf dessen Haupt sie sich setzen wird, der soll Maria nehmen!«
1,14. Die Bewerber aber waren damit zufrieden und sprachen: »Ja, dies soll ein untrüglich Zeichen sein!«
1,15. Da aber Maria die Taube auf Geheiß des Priesters freiließ, da flog dieselbe alsbald zu Joseph hin, ließ sich auf seinen Stab nieder und flog dann vom selben sogleich auf das Haupt Josephs.
1,16. Und der Priester sprach: »Also hat es der Herr gewollt! Dir, du biederer Gewerbsmann, ist das untrügliche Los zugefallen, die Jungfrau des Herrn zu empfangen! So nimm sie denn hin im Namen des Herrn in dein reines Haus zur ferneren Obhut! Amen.«
1,17. Als aber der Joseph solches vernommen hatte, da antwortete er dem Priester und sprach: »Siehe, du gesalbter Diener des Herrn nach dem Gesetze Mosis, des getreuen Knechtes des Herrn Gott Zebaoth, ich bin schon ein Greis und habe erwachsene Söhne zu Hause und bin seit lange her schon ein Witwer; wie werde ich doch zum Gespötte werden vor den Söhnen Israels, so ich dies Mägdlein nehme in mein Haus!
1,18. Daher laß die Wahl noch einmal ändern und laß mich draußen sein, auf daß ich nicht gezählt werde unter den Bewerbern!«
1,19. Der Priester aber hob seine Hand auf und sprach zum Joseph: »Joseph! Fürchte Gott den Herrn! Weißt du nicht, was Er getan hat an Dathan, an Korah und an Abiram? Zeugnis Gottes über Josephs Gerechtigkeit und Integrität
1,24. Der Priester aber ging hinein und betete für Joseph vor dem Allerheiligsten, und der Herr sprach zum Priester, der da betete:
1,25. »Betrübe Mir den Mann nicht, den Ich erwählt habe; denn gerechter als er wandelt wohl keiner in Israel, und keiner auf der ganzen Erde, und keiner vor Meinem ewigen Throne in allen Himmeln!
1,26. Und gehe hinaus und gib die Jungfrau, die Ich Selbst erzogen habe, dem gerechtesten der Männer der Erde!«
1,27. Hier schlug sich der Priester auf die Brust und sprach: »O Herr, Du allmächtiger, einiger Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, sei mir Sünder vor Dir barmherzig; denn nun erkenne ich, daß du Dein Volk heimsuchen willst!«
1,28. Darauf erhob sich der Priester, ging hinaus und gab segnend im Namen des Herrn das Mägdlein dem geängstigten Joseph
1,29. und sprach zu ihm: »Joseph, gerecht bist du vor dem Herrn, darum hat Er dich erwählt aus vielen Tausenden! Und so magst du im Frieden ziehen! Amen.«
1,32. Es wartete aber die nötige Arbeit des Joseph; daher machte er in seiner Behausung diesmal auch nicht Säumens und sprach daher zur Maria:
1,33. (Joseph): »Maria, siehe, ich habe dich nach dem Willen Gottes zu mir genommen aus dem Tempel des Herrn, meines Gottes; ich aber kann nun nicht bei dir verbleiben und dich beschützen, sondern muß dich zurücklassen, denn ich muß gehen, um meinen bedungenen Hausbau zu besorgen an der Stelle, die ich dir auf der Reise hierher gezeigt habe!
1,34. Aber siehe, du sollest darum nicht allein zu Hause sein; ich habe ja eine mir nahe anverwandte Häuslerin, die ist fromm und gerecht; die wird um dich sein und mein jüngster Sohn, und die Gnade Gottes und Sein Segen wird dich nicht verlassen!
1,35. In aller Bälde aber werde ich mit meinen vier Söhnen wieder nach Hause kommen zu dir und werde dir ein Leiter sein auf den Wegen des Herrn! Gott der Herr aber wird nun über dich und mein Haus wachen, Amen.«
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Erneuerung des Vorhanges im Jerusalemer Tempel durch Maria
2,1. Es war aber zu der Zeit noch ein Vorhang im Tempel vonnöten, da der alte hier und da schon sehr schadhaft geworden ist, um zu decken das Schadhafte.
2,5. Rufet mir aber dennoch sieben unbefleckte Jungfrauen aus dem Stamme Davids, und wir wollen dann eine Losung halten, wie da die Arbeit ausgeteilt sein solle!«
2,9. Als aber die Jungfrauen in der Vorhalle versammelt waren, da kam alsbald der Hohepriester und führte sie allesamt in den Tempel des Herrn.
2,10. Und als sie da versammelt waren in dem Tempel des Herrn, da sprach sobald der Hohepriester und sagte:
2,11. »Höret, ihr Jungfrauen aus dem Stamme Davids, der da verordnet hat nach dem Willen Gottes, daß da die feine Arbeit am Vorhange, der da scheidet das Allerheiligste vom Tempel, allezeit solle von denen Jungfrauen aus seinem Stamme angefertigt werden,
2,12. und solle nach seinem Testamente die mannigfache Arbeit durch Verlosung ausgeteilt werden, und solle dann eine jede Jungfrau die ihr zugefallene Arbeit nach ihrer Geschicklichkeit bestens verfertigen!
2,13. Sehet, da ist vor euch der schadhafte Vorhang, und hier auf dem goldenen Tische liegen die mannigfachen rohen Stoffe zur Verarbeitung schon bereitet!
2,14. Ihr sehet, daß solche Arbeit not tut; daher loset mir sogleich, auf daß es sich herausstelle, diewelche aus euch da spinnen solle den Goldfaden und den Amiant (eine Art Asbest) und den Baumwollfaden,
2,15. den Seidenfaden, dann den hyazinthfarbigen, den Scharlach und den echten Purpur!«
2,16. Und die Jungfrauen losten schüchtern, da (als) der Hohepriester über sie betete; und da sie gelost hatten nach der vorgezeichneten Ordnung, hatte es sich herausgestellt, wie die Arbeit verteilt werden sollte.
2,17. Und es fiel der Jungfrau Maria, der Tochter Annas und Joachims, durchs Los zu der Scharlach und der echte Purpur.
2,18. Die Jungfrau aber dankte Gott für solche gnädige Zuerkennung und Zuteilung solch rühmlichster Arbeit zu Seiner Ehre, nahm die Arbeit und begab sich damit, vom Joseph geleitet, wieder nach Hause.
2,19. Daheim angelangt machte sich Maria sogleich an die Arbeit freudigen Mutes; Joseph empfahl ihr allen Fleiß, segnete sie und begab sich sodann gleich wieder an seinen Hausbau.
2,20. Es begab sich aber dieses zur selbigen Zeit, als der Zacharias, da er im Tempel das Rauchopfer verrichtete, zufolge seines kleinen Unglaubens ist stumm geworden, darum für ihn ein Stellvertreter ward erwählt worden, unter dem diese Arbeit ist verlost worden.
2,21. Maria aber war verwandt sowohl mit Zacharias, wie mit dessen Stellvertreter, darum sie denn auch ums Doppelte ihren Fleiß vermehrte, um ja recht bald, ja womöglich die erste, mit ihrer Arbeit fertig zu werden.
2,22. Aber sie verdoppelte ihren Fleiß nicht etwa aus Ruhmlust, sondern nur um nach ihrer Meinung Gott dem Herrn eine recht große Freude dadurch zu bereiten, so sie baldmöglichst und bestmöglichst ihre Arbeit zu Ende brächte.
2,25. In kurzer Frist von drei Tagen ward Maria mit dem Scharlach zu Ende und machte sich sodann alsogleich über den Purpur; da sie aber diesen stets annetzen mußte, so mußte sie während der Arbeit öfter den Krug nehmen und hinausgehen, sich ein Wasser zu holen.
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Schilderung der Empfängnis Marias
3,1. An einem Freitage morgens aber nahm Maria abermals den Wasserkrug und ging hinaus, ihn mit Wasser zu füllen, und horch! - eine Stimme sprach zu ihr:
3,2. »Gegrüßet seist du, an der Gnade des Herrn Reiche! Der Herr ist mit dir, du Gebenedeite (Gesegnete, Seligzupreisende) unter den Weibern!«
3,3. Maria aber erschrak gar sehr ob solcher Stimme, da sie nicht wußte, woher sie kam, und sah sich darum auch behende nach rechts und links um; aber sie konnte niemanden entdecken, der da geredet hätte.
3,4. Darum aber ward sie noch voller von peinigender Angst, nahm eiligst den gefüllten Wasserkrug und eilte von dannen ins Haus.
3,5. Als sie da bebend anlangte, stellte sie alsbald den Wasserkrug zur Seite, nahm den Purpur wieder zur Hand, setzte sich auf ihren Arbeitssessel und fing den Purpur wieder gar emsig an fortzuspinnen.
3,6. Aber sie hatte sich kaum so recht wieder in ihrer Arbeit eingefunden, siehe, da stand schon der Engel des Herrn vor der emsigen Jungfrau und sprach zu ihr:
3,7. »Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast eine endlos große Gnade gefunden vor dem Angesichte des Herrn; siehe, du wirst schwanger werden vom Worte Gottes!«
3,8. Als aber Maria dieses vernommen hatte, da fing sie an, diese Worte hin und her zu erwägen, und konnte nicht erfassen ihren Sinn; darum sprach sie denn zum Engel:
3,9. »Wie soll denn das vor sich gehen? Bin ich doch noch lange nicht eines Mannes Weib und habe auch noch nie dazu eine Bekanntschaft mit einem Manne gemacht, der mich sobald nähme zum Weibe, auf daß ich gleich anderen Weibern schwanger würde und dann gebäre ihnen gleich!«
3,10. Der Engel aber sprach zur Maria: »Höre, du erwählte Jungfrau Gottes! Nicht also soll es geschehen, sondern die Kraft des Herrn wird dich überschatten!
3,11. »Darum wird auch das Heilige, das da aus dir geboren wird, der 'Sohn des Allerhöchsten' genannt werden!«
3,12. »Du sollst Ihm aber, wann Er aus dir geboren wird, den Namen Jesus geben; denn Er wird erlösen Sein Volk von all den Sünden, vom Gerichte und vom ewigen Tode.«
13. Maria aber fiel vor dem Engel nieder und sprach: »Siehe, ich bin ja nur eine Magd des Herrn; daher geschehe mir nach Seinem Willen, wie da lauteten deine Worte!« Hier verschwand der Engel wieder und Maria machte sich wieder an ihre Arbeit.
* * * * *
Fragen und Probleme der 14-jährigen Maria hinsichtlich ihrer Schwangerschaft
4,1. Als aber darauf der Engel alsbald wieder verschwand, da lobte und pries Maria Gott den Herrn und sprach also bei sich in ihrem Herzen:
4,2. »Oh, was bin ich denn doch vor Dir, o Herr, daß Du mir solche Gnade erweisen magst?!
4,3. Ich solle schwanger werden, ohne je einen Mann erkannt zu haben; denn ich weiß ja nicht, was Unterschiedes da ist zwischen mir und einem Manne!
4,4. Weiß ich denn, was da so in der Wahrheit ist: 'schwanger sein'?! O Herr, siehe, ich weiß es ja nicht!
4,11. Aber wann, wann wird das geschehen, und wie? Oder ist es schon geschehen? Bin ich schon schwanger, oder werde ich es erst werden?«
4,12. »O Herr! Du ewig Heiliger Israels, gib mir, Deiner armen Magd, doch ein Zeichen, wann solches geschehen wird, auf daß ich Dich darob loben und preisen möchte!«
4,13. Bei diesen Worten ward Maria von einem lichten Ätherhauche angeweht, und eine gar sanfte Stimme sprach zu ihr:
4,14. »Maria, sorge dich nicht vergeblich; du hast empfangen, und der Herr ist mit dir! Mache dich an deine Arbeit, und bringe sie zu Ende, denn fürder wird für den Tempel keine mehr gemacht werden von dieser Art!«
4,15. Hier fiel Maria nieder, betete zu Gott und lobte und pries Ihn für solche Gnade. - Nachdem sie aber dem Herrn ihr Lob dargebracht hatte, erhob sie sich und nahm ihre Arbeit zur Hand.
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Überbringung des fertigen Tempelvorhanges nach Jerusalem;
5,1. In wenigen Tagen ward Maria auch mit dem Purpur fertig, ordnete ihn dann und nahm den Scharlach und legte ihn zum Purpur.
5,2. Darauf dankte sie Gott für die Gnade, daß Er ihr hatte lassen ihre Arbeit so wohl vollenden, wickelte dann das Gespinst in reine Linnen und machte sich damit nach Jerusalem auf den Weg.
5,3. Bis zum Hausbau, da (wo) Joseph arbeitete, ging sie allein; aber von da an begleitete sie wieder Joseph nach Jerusalem und daselbst in den Tempel.
5,4. Da angelangt, übergab sie sobald die Arbeit dem Hohenpriester.
5,5. Dieser besah wohl den Scharlach und den Purpur, fand die Arbeit allerausgezeichnetst gut und belobte und begrüßte darum Maria mit folgenden Worten:
5,6. »Maria, solche Geschicklichkeit wohnt nicht natürlich in dir, sondern der Herr hat mit Seiner Hand gewirkt!
5,7. Groß hat dich darum Gott gemacht; gebenedeit wirst du sein unter allen Weibern der Erde von Gott, dem Herrn, da du die erste warst, die da ihre Arbeit dem Herrn in den Tempel überbracht hat!«
5,8. Maria aber, voll Demut und Freude in ihrem Herzen, sprach zum Hohenpriester:
5,9. »Würdiger Diener des Herrn in Seinem Heiligtume! O lobe mich nicht zu sehr, und erhebe mich nicht über die andern; denn diese Arbeit ist ja nicht mein Verdienst, sondern allein des Herrn, der da meine Hand leitete!
5,10. Darum sei Ihm allein ewig alles Lob, aller Ruhm, aller Preis und alle meine Liebe und alle meine Anbetung ohne Unterlaß!«
5,11. Und der Hohepriester sprach: »Amen, Maria, du reine Jungfrau des Herrn, du hast wohl geredet vor dem Herrn! So denn ziehe nun wieder hin in Frieden; der Herr sei mit dir!«
5,12. Darauf erhob sich Maria und ging mit Joseph wieder bis zur Baustelle hin, allda sie eine kleine Stärkung, bestehend aus Brot und Milch und Wasser, zu sich nahm. -
5,13. Es wohnte aber bei einer halben Tagesreise weit vom Bauplatze, über einem kleinen Gebirge, eine Muhme (Tante) Mariens, namens Elisabeth, diese möchte (wollte) sie besuchen und bat Joseph darum um die Erlaubnis.
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Umstände der Ankunft Marias bei Elisabeth
6,1. Bei der Elisabeth angelangt, d.h. bei ihrem Hause, pochte sie gar bald schüchternen Gemütes an die Türe nach dem Gebrauche der Juden.
6,2. Als aber Elisabeth vernommen hatte das schüchterne Pochen, gedachte sie bei sich: »Wer pocht denn da so ungewöhnlich leise?
6,3. Es wird ein Kind meines Nachbars sein; denn mein Mann, der da stumm noch ist im Tempel und harrt der Erlösung, kann es nicht sein!
6,4. Meine Arbeit aber ist wichtig; solle ich sie wohl weglegen des unartigen Kindes meines Nachbars wegen?
6,5. Nein, das will ich nicht tun, denn es ist eine Arbeit für den Tempel, und diese steht höher denn die Unart eines Kindes, das da sicher wieder nichts anderes will, als mich bekanntermaßen necken und ausspötteln!
6,6. Daher werde ich fein bei der Arbeit sitzen bleiben und das Kind lange gut pochen lassen!« Reaktion des Johannes im Mutterleib auf Ankunft der schwangeren Maria
6,7. Maria aber pochte noch einmal, und das Kind im Leibe der Elisabeth fing an vor Freude zu hüpfen, und die Mutter vernahm eine leise Stimme aus der Gegend des in ihr hüpfenden Kindes, und die Stimme lautete:
6,8. »Mutter, gehe, gehe eiligst; denn die Mutter meines und deines Herrn, meines und deines Gottes ist es, die da pocht an die Türe und besucht dich im Frieden!«
6,9. Elisabeth aber, als sie das gehört hatte, warf sogleich alles von sich, was sie in den Händen hatte, und lief und öffnete der Maria die Türe,
6,10. gab ihr dann nach der Sitte sogleich ihren Segen, umfing sie dann mit offenen Armen und sagte zu ihr:
6,11. »O Maria, du Gebenedeite unter den Weibern! Du bist gebenedeit unter allen Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes!«
6,12. »O Maria, du reinste Jungfrau Gottes! Woher kommt wohl mir die hohe Gnade, daß mich die Mutter meines Herrn, meines Gottes, besucht?!«
6,13. Maria aber, die nichts von all den Geheimnissen verstand, sagte zur Elisabeth:
6,14. »Ach, liebe Muhme, ich kam ja nur auf einen freundlichen Besuch zu dir! Was sprichst du denn da für Dinge über mich, die ich nicht verstehe? - Bin ich denn schon im Ernste schwanger, daß du mich eine Mutter nennst?«
6,15. Elisabeth aber erwiderte der Maria: »Siehe, als du zum zweiten Male pochtest an die Türe, da hüpfte alsbald das Kindlein, das ich unter meinem Herzen trage, vor Freude und gab mir solches kund und grüßte dich in mir schon zum Voraus!«
Dreimonatiger Aufenthalt Marias bei Elisabeth
6,18. Elisabeth aber sprach: »O Maria, du Erwählte Gottes, tritt in mein Haus und stärke dich; da wollen wir uns besprechen und gemeinschaftlich Gott loben und preisen aus allen unseren Kräften!«
6,19. Und die Maria folgte alsbald der Elisabeth in ihr Haus und aß und trank und stärkte sich und ward voll heiteren Mutes.
6,32. Also verbrachte aber Maria noch volle drei Monate bei der Elisabeth und half ihr wie eine Magd alle Hausarbeit verrichten.
Marias Rückkehr; Reaktion Josephs
6,33. Mittlerweile hatte aber auch unser Joseph seinen Bau beendet und befand sich mit seinen Söhnen wieder zu Hause und besorgte da seinen kleinen, freilich nur gemieteten Grund.
6,34. Eines Abends aber sagte er zum ältesten Sohne: »Joël, gehe und rüste mir für morgen früh mein Lasttier, denn ich muß Maria holen gehen!
6,35. Das Mädchen ist nun schon bei drei Monaten aus meinem Hause, und ich weiß nicht, was da mit ihr geschieht.
(...Maria steht bereits vor der Tür)
6,42. Obschon der Joseph die Maria gerne ein wenig ausgezankt hätte ob ihres langen Ausbleibens, so konnte er aber solches doch nicht über sein Herz bringen; denn fürs erste hatte die Stimme Mariens sein edelstes Herz zu sehr gerührt, und fürs zweite sah er sich selbst als Schuldigen an, da er Maria so lange nicht durch einen Boten hatte holen lassen.
6,46. In der Zeit aber vernahm Joseph plötzlich, als würden Psalmen gesungen vor seinem Hause.
* * * * *
Sichtbarkeit von Marias Schwangerschaft; Argwohn Josephs
7,1. Joseph aber ward voll hoher Ahnungen erfüllt und sprach zu Maria: »Kind des Herrn! Viel Freude ist meinem Hause in dir gegeben, meine Seele ist von hohen Ahnungen erfüllt!
7,15. Tag für Tag aber ward der Leib Marias voller; da sie solches wohl merkte, so suchte sie ihre Schwangerschaft vor den Augen Josephs und seiner Söhne so gut als nur immer möglich zu verbergen.
7,16. Aber nach einer Zeit von zwei Monaten half ihr ihr Verbergen nichts mehr, und Joseph fing an, Argwohn zu schöpfen und beriet sich insgeheim mit einem seiner Freunde in Nazareth über den sonderbaren Zustand Mariens.
Vorwürfe und Verhör Marias durch Joseph
8,1. Der Freund Josephs aber war ein Sachkundiger; denn er war ein Arzt, der da die Kräuter kannte und bei gefährlichen Geburten nicht selten denen Wehmüttern beistand.
8,2. Dieser ging mit Joseph und besah insgeheim Maria; als er sie beschaut hatte, sprach er zu Joseph:
8,3. »Höre mich an, Bruder aus Abraham, Isaak und Jakob! Deinem Hause ist ein großes Unheil widerfahren; denn siehe, die Magd ist hochschwanger!«
8,5. Joseph aber antwortete: »Siehe, Maria war unter der Zeit kaum drei Wochen in einem fort zu Hause, und das im Anfange, da sie in mein Haus kam; dann brachte sie volle drei Monde bei ihrer Muhme Elisabeth zu!
8,10. Ich aber weiß nun, was ich tun werde, um der Wahrheit der Sache auf die rechte Spur zu kommen! Du, Freund, magst nun wieder in Frieden ziehen, und ich werde mein Haus einer starken Prüfung unterziehen!«
8,11. Josephs Freund verzog nicht und ging alsbald aus dem Hause Josephs; Joseph aber wandte sich alsbald zu Maria und sprach zu ihr:
8,12. »Kind, mit welcher Stirne soll ich nun aufschauen zu meinem Gott? Was soll ich nun sagen über dich?
8,13. Habe ich dich nicht als eine reine Jungfrau aus dem Tempel empfangen, und habe ich dich nicht getreulich gehütet durch mein tägliches Gebet und durch die Getreuen, die da sind in meinem Hause?!
8,14. Ich beschwöre dich darum, daß du mir sagest, wer es ist, der es gewagt hat, mich zu betrügen und sich also schändlich zu vergreifen an mir, einem Sohne Davids, und an dir, die du auch demselben Hause entsprossen bist!
8,17. Also antworte mir auf meine Frage! Gehe aber, und fasse dich; denn dir soll es nicht gelingen, mich zu täuschen!« - Hier warf sich Joseph vor Gram auf einen mit Asche gefüllten Sack auf sein Angesicht und weinte.
8,18. Maria aber zitterte vor großer Furcht, fing an zu weinen und zu schluchzen und konnte nicht reden vor zu großer Furcht und Traurigkeit.
8,19. Joseph aber erhob sich wieder vom Sacke und sprach mit einer etwas gemäßigteren Stimme zu Maria:
8,20. »Maria, Kind Gottes, das Er Selbst in Seine Obhut genommen, warum hast du mir das getan? Warum hast du deine Seele so sehr erniedrigt und vergessen deines Gottes?!«
8,22. Hier ermannte sich Maria und sprach: »Vater Joseph, du gerecht harter Mann! Ich sage dir: So wahr ein Gott lebt, so wahr auch bin ich rein und unschuldig und weiß bis zur Stunde von keinem Manne etwas!«
8,23. Joseph aber fragte: »Woher ist denn hernach das, was du unter deinem Herzen trägst?«
8,24. Und Maria erwiderte: »Siehe, ich bin ja noch ein Kind und verstehe nicht die Geheimnisse Gottes! Höre mich aber an und ich will es dir ja sagen, was mir begegnet ist! - Solches aber ist auch so wahr, als wie da lebt ein gerechter Gott über uns!«
* * * * *
Bericht Marias über geistige Zeugung und Unschuldsbeteuerung
9,1. Und Maria erzählte dem Joseph alles, was ihr, da sie noch am Purpur arbeitete, begegnet ist, und schloß dann ihre Erzählung mit dieser Beteuerung:
9,2. »Darum sage ich dir, Vater, noch einmal: So wahr Gott, der Herr Himmels und der Erde, lebt, so wahr auch bin ich rein und weiß von keinem Manne und kenne auch ebensowenig das Geheimnis Gottes, das ich unter meinem Herzen zu meiner eigenen großen Qual, nun tragen muß!«
9,3. Hier verstummte Joseph vor Maria und erschrak gewaltig; denn die Worte Mariens drangen tief in seine bekümmerte Seele, und er fand bebend seine geheime Ahnung bestätigt.
9,4. Er aber fing darum an, hin und her zu sinnen, was er da tun solle, und sprach so bei sich in seinem Herzen:
9,5. »So ich ihre vor der Welt, wie sie nun ist, doch unwiderlegbare Sünde darum verberge, weil ich sie nicht als solche mehr erkenne, so werde ich als Frevler erfunden werden gegen das Gesetz des Herrn und werde der sicheren Strafe nicht entgehen!
9,6. Mache ich sie aber wider meine innerste Überzeugung als eine feile Sünderin vor den Söhnen Israels offenbar, da doch das, was sie unter ihrem Herzen trägt, nur - nach ihrer unzweideutigen Aussage - von einem Engel herrührt,
9,7. so werde ich ja von Gott, dem Herr, erfunden werden als einer, der ein unschuldiges Blut überliefert hat zum Gerichte des Todes?!« Ein Engel verhindert Josephs Pläne, Maria zu verlassen und bestätigt geistige Zeugung
9,8. »Was soll ich also mit ihr beginnen? - Soll ich sie heimlich verlassen, d.h. soll ich sie heimlich von mir tun und sie irgend verbergen im Gebirge, nahe an der Grenze der Griechen? Oder soll des Tages des Herrn ich harren, auf daß Er mir am selben kundtue, was ich da tun solle?«
9,12. Joseph aber versank über seinen mannigfachen Gedanken ebenfalls in einen Schlummer; und siehe, ein Engel des Herrn erschien ihm im Traume und sprach zu ihm:
9,13. »Joseph, sei nicht bange ob der Maria, der reinsten Jungfrau des Herrn! - Denn was sie unter dem Herzen trägt, ist erzeugt vom heiligen Geiste Gottes, und du sollst Ihm, wann Es geboren wird, den Namen 'Jesus' geben!«
9,14. Hier erwachte Joseph vom Schlafe und pries Gott den Herrn, der ihm solche Gnade erwiesen hatte.
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Meldung von Marias Schwangerschaft
10,1. Es ist aber zwei Wochen lang nach diesem Begebnisse ein großer Rat in Jerusalem gehalten worden, und zwar darüber, da man von einigen in Jerusalem wohnenden Römern vernommen hatte, daß der Kaiser werde das gesamte jüdische Volk zählen und beschreiben lassen.
10,3. Darum berief der Hohepriester zu dem Behufe eine große Versammlung zusammen, zu der alle Ältesten und Kunstmänner, wie da auch der Joseph einer war, erscheinen mußten.
10,4. Joseph aber hatte gerade eine kleine Reise ins Gebirge wegen Bauholz unternommen und blieb etliche Tage aus.
10,6. Joseph aber kam schon am nächsten Tage morgens wieder nach Hause. Der Sohn Joses benachrichtigte ihn sogleich davon, was da gekommen ist aus Jerusalem.
10,7. Joseph aber sagte: »Nun bin ich fünf Tage lang im Gebirge herumgestiegen und bin daher überaus müde geworden, und meine Füße würden mich nimmer tragen, so ich nicht zuvor ein paar Tage werde geruht haben; daher bin ich diesmal genötigt, dem Rufe Jerusalems nicht zu folgen.
10,8. Übrigens ist diese ganze große Versammlung keiner hohlen Nuß wert; denn der mächtige Kaiser Roms, der sein Zepter nun schon sogar über die Länder der Skythen schwingt, wird wenig Notiz nehmen von unserer Beratung und wird tun, was er will! Daher bleibe ich nun fein zu Hause!«
10,9. Es kam aber nach drei Tagen ein gewisser Annas aus Jerusalem, der da ein großer Schriftgelehrter war, zu Joseph und sprach zu ihm:
10,10. »Joseph, du kunstverständiger und schriftgelehrter Mann aus dem Stamme Davids! - Ich muß dich fragen, warum du nicht in die Versammlung gekommen bist!?«
10,11. Joseph aber wandte sich zum Annas und sprach: »Siehe, ich war fünf Tage lang im Gebirge und wußte nicht, daß ich berufen ward!
10,12. »Da ich aber nach Hause kam, und durch meinen Sohn Joses die Nachricht erhielt, war ich zu müde und schwach, als daß es mir möglich gewesen wäre, mich alsbald gen Jerusalem auf die Beine zu machen! Zudem aber ersah ich ja ohnehin auf den ersten Blick, daß diese ganze große Versammlung wenig oder gar nichts nützen wird.«
10,13. Während aber Joseph solches gesprochen hatte, sah sich der Annas um und entdeckte unglücklicherweise die hochschwangere Jungfrau.
10,14. Er verließ daher auch wie ganz stumm den Joseph und eilte, was er nur konnte, nach Jerusalem.
10,15. Allda ganz atemlos angelangt, eilte er sogleich zum Hohenpriester und sagte zu ihm:
10,16. »Höre mich an, und frage mich nicht, warum der Sohn Davids nicht in die Versammlung kam; denn ich habe unerhörte Greueldinge in seinem Hause entdeckt!
10,17. »Siehe, Joseph, dem Gott und du das Zeugnis gabst dadurch, daß du ihm die Jungfrau anvertraut hast, hat sich unbeschreiblich tief und grob vor Gott und dir verfehlt!«
10,18. Der Hohepriester aber war ganz entsetzt über die Nachricht Annas' und fragte ganz kurz: »Wieso, wie das? Rede mir die vollste Wahrheit, oder du bist heute noch des Todes!«
10,19. Und Annas sprach: »Siehe, die Jungfrau Maria, die er laut des Zeugnisses Gottes aus diesem Tempel des Herrn zur Obhut erhielt, hat er weidlichst geschändet; denn ihre schon hohe Schwangerschaft ist ein lebendiges Zeugnis davon!«
10,20. Der Hohepriester aber sprach: »Nein, Joseph hat das nimmer getan! - Kann auch Gott ein falsches Zeugnis geben?!«
10,21. Annas aber sprach: »So sende deine vertautesten Diener hin, und du wirst dich überzeugen, daß da die Jungfrau im Vollernste hochschwanger ist; ist sie es aber nicht, so will ich hier gesteinigt werden!«
* * * * *
Gottesurteil an Joseph und Maria durch das Fluchwasser; Zwangsverheiratung
11,1. Der Hohepriester aber besann sich eine Zeitlang und sprach also bei sich: »Was soll ich tun? Annas ist voll Eifersucht ob der Wahl der Jungfrau, und man soll nie nach dem Rate eines Eifersüchtigen handeln.
11,3. Ich will daher dennoch insgeheim Diener hinsenden zu Joseph, die, falls sich die schlimme Sache bestätigen solle, die Jungfrau samt Joseph sogleich hierher ziehen sollen!«
11,4. Also ward es gedacht und beschlossen; der Hohepriester berief insgeheim vertraute Diener und gab ihnen kund, was sich im Hause Josephs zugetragen habe!, und sandte sie dann sobald zu Joseph hin mit der Bestimmtheit, wie sie zu handeln haben, falls sich die Sache bestätigen sollte.
11,5. Und die Diener begaben sich eiligst hin zu Joseph und fanden alles also, wie es ihnen der Hohepriester bezeichnet hatte.
11,6. Und der älteste von ihnen sagte zu Joseph: »Siehe, darum sind wir aus dem Tempel hierher gesandt worden, auf daß wir uns überzeugen sollen, wie es mit der Jungfrau steht, da von ihr üble Gerüchte zu den Ohren des Hohenpriesters gelangt sind!
11,7. Wir aber fanden die traurige Mutmaßung leider bestätigt; daher laß dir keine Gewalt antun und folge uns mit der Maria in den Tempel, allda du aus dem Munde des Hohenpriesters das gerechte Urteil vernehmen sollst!«
11,8. Und Joseph folgte mit Maria alsbald ohne Widerrede den Dienern vor das Gericht in den Tempel.
11,9. Als er da vor dem Hohenpriester anlangte, fragte der erstaunte Hohepriester alsbald die Maria, in ernstem Tone redend:
11,10. »Maria! Warum hast du uns das getan und hast mögen gar so gewaltig erniedrigen deine Seele?«
11,13. Maria aber fing an, bitterlich zu weinen, und sprach unter gewaltigem Schluchzen und Weinen: »So wahr Gott, der Herr Israels, lebt, so wahr auch bin ich rein und habe noch nie einen Mann erkannt! - Frage den von Gott erwählten Joseph!«
11,14. Und der Hohepriester wandte sich darauf zu Joseph und fragte ihn: »Joseph, ich beschwöre dich im Namen des ewig lebendigen Gottes: sage mir es unverhohlen, wie ist das geschehen? Hast du solches getan?«
11,15. Und Joseph sprach: »Ich sage dir bei allem, was dir und mir heilig ist, so wahr der Herr, mein Gott lebt, so wahr auch bin ich rein vor dieser Jungfrau, wie vor dir und vor Gott!«
16. Und der Hohepriester erwiderte: »Rede nicht ein falsches Zeugnis, sondern sprich vor Gott die Wahrheit! Ich aber sage dir: Du hast erstohlen dir deine Hochzeit, hast nicht Kunde gegeben dem Tempel und hast nicht zuvor dein Haupt gebeugt unter die Hand des ewig Gewaltigen, auf daß Er gesegnet hätte deinen Samen! Daher rede die Wahrheit! ...
11,27. Wohl denn, da du vor Gott deine laute Schuld bekämpfst, so will ich euch beide trinken lassen das Fluchwasser Gottes, des Herrn, und es werden offenbar werden eure Sünden in euren Augen und vor den Augen alles Volkes!«
11,28. Und alsbald nahm der Hohepriester das Fluchwasser und ließ davon den Joseph trinken und sandte ihn dann nach dem Gesetze in ein dazu bestimmtes Gebirge, das da nahe an Jerusalem lag.
11,29. Und desgleichen gab er auch solches Wasser der Jungfrau zu trinken und sandte sie dann ebenfalls ins Gebirge.
11,30. Nach drei Tagen aber kamen beide gänzlich unverletzt zurück, und alles Volk wunderte sich, daß an ihnen keine Sünde war offenbar gemacht worden.
11,31. Der Hohepriester aber sprach dann selbst ganz über alle Maßen erstaunt zu ihnen: »So Gott der Herr eure Sünde nicht hat offenbar machen wollen, da will auch ich euch nicht richten, sondern spreche euch für schuldlos und ledig!«
11,32. Da aber die Jungfrau schon schwanger ist, so soll sie dein Weib sein zur Buße, darum sie mir unbewußtermaßen ist schwanger geworden, und soll fürder nimmer einen andern Mann bekommen. so sie auch eine junge Witwe würde! Also sei es! - Und nun ziehet wieder in Frieden von dannen!«
11,33. Joseph aber nahm nun Maria und ging mit ihr in seine Heimat und ward voll Freuden, und lobte und pries seinen Gott. Und seine Freude war nun um so größer, da nun Maria sein rechtmäßiges Weib ist geworden.
* * * * *
Römische Volkszählung zur Zeit der nahen Entbindung Marias
12,1. Und Joseph verbrachte nun ganz wohlgemut mit Maria, die nun sein Weib war, noch zwei Monate in seinem Hause und arbeitete für den Unterhalt Mariens.
12,2. Als aber diese Zeit verstrichen war und Maria der Zeit der Entbindung nahe war, da geschah ein neuer Schlag, welcher Joseph in eine große Bekümmernis versetzte.
12,3. Der römische Kaiser Augustus ließ nämlich in allen seinen Landen einen Befehl ergehen, demzufolge alle Völker seines Reiches sollten beschrieben und gezählt und der Steuer und Rekrutierung wegen klassifiziert werden.
12,4. Und so waren auch die Nazaräer von diesem Gebote nicht ausgenommen, und Joseph ward genötigt, sich auch nach Bethlehem, der Stadt Davids, zu nahen, in welcher die römische Beschreibungskommission aufgestellt war.
12,5. Als er aber dieses Gebot vernahm, dessentwegen er schon ohnehin zu einer Versammlung nach Jerusalem ist berufen worden, da sprach er bei sich selbst:
12,6. »Mein Gott und mein Herr, das ist ein harter Schlag für mich gerade zu dieser Zeit, da Maria der Entbindung so nahe ist!
12,7. Was soll ich nun tun? - Ich muß wohl meine Söhne einschreiben lassen, denn diese sind dem Kaiser leider waffenpflichtig; aber was soll ich, um Deines Namens willen, o Herr, mit Maria machen? ...
12,15. Ja, ich weiß, was ich nun wieder tun will: den Tag des Herrn will ich abwarten! An diesem wird der Herr, mein Gott, machen, was Er wird wollen, und das wird auch das Beste sein! Und also geschehe es denn!«
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Aufbruch der Hl. Familie nach Bethlehem
13,1. Am selben Tage aber noch kam ein alter weiser Freund aus Nazareth zu Joseph und sagte zu ihm:
13,2. »Bruder, siehe, also führt der Herr Sein Volk über allerlei Wüsten und Steppen! Die aber willig folgen, dahin Er lenkt, die kommen ans rechte Ziel!«
13,5. Joseph aber verstand wohl, was der Freund zu ihm geredet hatte, und als der Freund ihn segnete und wieder verließ, da sprach der Joseph zu seinen Söhnen:
13,6. »Höret mich an! Der Herr will es, daß wir alle nach Bethlehem ziehen müssen; also wollen wir uns denn auch Seinen Willen gefallen lassen und tun, was Er will!
13,7. Du, Joel, sattle die Eselin für Maria, und nimm den Sattel mit der Lehne; und du, Joses, aber zäume den Ochsen, und spanne ihn an den Karren, in dem wir Lebensmittel mitführen wollen!
13,8. Ihr drei, Samuel, Simeon und Jakob, aber bestellet den Karren mit haltbaren Früchten, Brot, Honig und Käse, und nehmet davon so viel, daß wir auf vierzehn Tage versehen sind; denn wir wissen es nicht, wann die Reihe an uns kommen wird, und wann wir frei werden, und was mit Maria geschehen kann unterwegs! Darum leget auch frische Linnen und Windeln auf den Karren!«
13,9. Die Söhne aber gingen und bestellten alles, wie es ihnen der Joseph anbefohlen hatte.
13,19. Er nahm Maria und setzte sie so weich und bequem als nur immer möglich auf das Lasttier und nahm dann das Zügel in seine Hand und führte die Eselin.
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Geburtswehen Marias erzwingen eine Reiseunterbrechung
14,1. Also kam unsere frömmste Gesellschaft nahe bis auf sechs Stunden vor Bethlehem hin und machte da eine Rast im Freien.
14,9. Als sie aber in die Nähe von Betlehem kamen, da sprach Maria auf einmal zu Joseph:
14,10. »Höre mich an, Joseph! - Das in mir ist, fängt mich an ganz gewaltig zu bedrängen; lasse daher stillehalten!«
14,11. Joseph erschrak völlig vor diesem plötzlichen Ausrufe Mariens; denn er sah nun, daß das gekommen war, was er eben am meisten befürchtet hatte.
14,12. Er ließ daher auch plötzlich stillehalten. Maria aber sprach wieder alsbald zu Joseph:
14,13. »Hebe mich herab von der Eselin: denn das in mir ist, bedrängt mich mächtig und will von mir! Und ich vermag dem Drange nicht mehr zu widerstehen!«
14,14. Joseph aber sprach: »Aber um des Herrn willen! Du siehst ja, daß hier nirgends eine Herberge ist; wo soll ich dich denn hintun?«
14,15. Maria aber sprach: »Siehe, dort in den Berg hinein ist eine Höhle; es werden kaum hundert Schritte dahin sein! Dorthin bringet mich; - weiter zu kommen, ist mir unmöglich!«
14,16. Und Joseph lenkte alsbald sein Fuhr- und Reisewerk dahin und fand zum größten Glücke in dieser Höhle, da sie den Hirten zu einem Notstalle diente, etwas Heu und Stroh, aus welchem er sogleich für Maria ein notdürftiges Lager bereiten ließ.
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Geburt Jesu in einer Höhle während Josephs Suche nach einer Hebamme
15,1. Als aber das Lager bereitet war, brachte Joseph die Maria alsbald in die Höhle, und sie legte sich aufs Lager und fand Erleichterung in dieser Lage.
15,2. Als Maria aber also erleichtert sich auf dem Lager befand, da sagte Joseph zu seinen Söhnen:
15,3. »Ihr beiden Ältesten bewachet Maria und leistet ihr im Falle früher Not die gerechte Hilfe, besonders du, Joel, der du einige Kenntnis in diesem Fache dir durch den Umgang mit meinen Freunden in Nazareth erworben hast!«
15,4. Den anderen dreien aber befahl er, den Esel und den Ochsen zu versorgen und den Karren auch irgend in der Höhle, welche so ziemlich geräumig war, unterzubringen.
15,5. Nachdem aber Joseph solches alles also wohl geordnet hatte, sagte er zur Maria: »Ich will nun gehen hinauf auf den Berg und will in der Stadt meines Vaters mir eine Wehmutter in aller Eile suchen und will sie bringen hierher, dir zur nötigen Hilfe!«
15,6. Nach diesen Worten trat Joseph alsbald aus der Höhle, da es schon ziemlich spät abends war und man die Sterne am Himmel recht wohl ausnehmen konnte.
15,7. Was aber Joseph bei diesem Austritte aus der Höhle alles für wunderliche Erfahrungen gemacht hat, wollen wir mit seinen eigenen Worten wiedergeben, die er seinen Söhnen gab, als er mit der gefundenen Wehmutter in die Höhle zurückkehrte und Maria schon geboren hatte.
15,8. Die Worte Josephs aber lauten also: »Kinder, wir stehen am Rande großer Dinge! Ich verstehe nun dunkel, was mir die Stimme am Vorabende vor unserer Abreise hierher gesagt hat; wahrlich, wäre der Herr unter uns - wennschon unsichtbar - nicht gegenwärtig, so könnten unmöglich solche Wunderdinge geschehen, wie ich sie jetzt geschaut habe!
15,9. Höret mich an! - Als ich hinaustrat und fortging, da war es mir, als ginge ich, und als ginge ich nicht! Und ich sah den aufgehenden Vollmond und die Sterne im Aufgange wie im Niedergange, und siehe, alles stand stille, und der Mond verließ nicht den Rand der Erde, und die Sterne am abendlichen Rande wollten nimmer sinken!
15,10. Dann sah ich Scharen und Scharen der Vöglein sitzen auf den Ästen der Bäume; alle waren mit ihren Gesichtern hierher gewendet und zitterten wie zu Zeiten großer bevorstehender Erdbeben und waren nicht zu verscheuchen von ihren Sitzen, weder durch Geschrei noch durch Steinwürfe.
15,11. Und ich blickte wieder auf dem Erdboden umher und ersah unweit von mir eine Anzahl Arbeiter, die da um eine mit Speise gefüllte Schüssel saßen, einige hielten ihre Hände unbeweglich in der Schüssel und konnten keine Speise aus der Schüssel heben.
15,12. Die aber schon eher einen Bissen der Schüssel enthoben hatten, die hielten ihn am Munde und mochten nicht den Mund öffnen, auf daß sie den Bissen verzehreten; aller Angesichter aber waren nach aufwärts gerichtet, als sähen sie große Dinge am Himmel.
15,13. Dann sah ich Schafe, die von den Hirten getrieben wurden; aber die Schafe standen unbeweglich da, und des Hirten Hand, der sie erhob, um zu schlagen die ruhenden Schafe, bieb wie erstarrt in der Luft, und er konnte sie nicht bewegen.
15,14. Wieder sah ich eine ganze Herde Böcke, die hielten ihre Schnauzen über dem Wasser und vermochten dennoch nicht zu trinken, denn sie waren alle wie gänzlich gelähmt.
15,15. Also sah ich auch ein Bächlein, das hatte einen starken Fall vom Berge herab, und siehe, das Wasser stand stille und floß nicht hinab ins Tal! - Und so war alles auf dem Erdboden anzusehen, als hätte es kein Leben und keine Bewegung.
15,16. Als ich aber also dastand oder ging und nicht wußte, ob ich stehe oder gehe, siehe, da ersah ich endlich einmal wieder ein Leben!«
15,17. »Ein Weib nämlich kam den Berg entlang herabgestiegen gerade auf mich zu und fragte mich, als sie vollends bei mir war: 'Mann, wo willst du hingehen so spät?'
15,18. »Und ich sprach zu ihr: 'Eine Wehmutter suche ich; denn in der Höhle dort ist eine, die gebären will!'
15,19. »Das Weib aber antwortete und sprach: 'Ist sie aus Israel?' - Und ich antwortete ihr: 'Ja, Herrin, ich und sie sind aus Israel; David ist unser Vater!'
15,20. Das Weib aber sprach weiter und fragte: 'Wer ist die, welche in der Höhle dort gebären will? Ist sie dein Weib, oder eine Anverwandte oder eine Magd?'
15,21. »Und ich antwortete ihr: 'Seit kurzem allein vor Gott und dem Hohenpriester nur mein Weib; sie aber war noch nicht mein Weib, da sie schwanger ward, sondern ward mir nur zur Obhut in mein Haus vom Tempel durch das Zeugnis Gottes anvertraut, da sie früher auferzogen ward im Allerheiligsten!
15,22. Wundere dich aber nicht über ihre Schwangerschaft; denn das in ihr ist, ist wunderbar gezeugt vom Heiligen Geiste Gottes!' - Das Weib aber erstaunte sich darob und sagte zu mir: 'Mann, sage mir die Wahrheit!'- Ich aber sagte zu ihr: 'Komm, siehe, und überzeuge dich mit deinen Augen!'«
* * * * *
Verhüllung der Höhle durch Od-Wolke; Bestätigung der visionären Vorschau der Hebamme
16,1. Und das Weib willigte ein und folgte dem Joseph hin zur Höhle; da sie aber hin zur Höhle kamen da verhüllte sich dieselbe plötzlich in eine dichte weiße Wolke, daß sie nicht den Eingang finden mochten.
16,2. Ob dieser Erscheinung fing sich die Wehmutter hoch zu verwundern an und sprach zu Joseph:
16,3. »Großes ist widerfahren am heutigen Tage meiner Seele! Ich habe heute Morgen ein groß wunderbarstes Gesicht gehabt, in dem alles sich also gestaltete, wie ich es jetzt in der Wirklichkeit gesehen habe, noch sehe und noch mehr sehen werde!
16,4. Du bist derselbe Mann, der mir im Gesichte entgegenkam; also sah ich auch zuvor alle Welt ruhen mitten in ihrem Geschäfte und sah die Höhle, wie eine Wolke über sie kam, und habe mit dir geredet, wie ich nun geredet habe.
16,5. Und ich sah noch mehreres Wunderbarstes in der Höhle, als mir meine Schwester Salome nachkam, der ich allein mein Gesicht am Morgen anvertraute!
16,6. Darum sage ich denn nun auch vor dir und vor Gott, meinem Herrn: »Israel ist ein großes Heil widerfahren! Ein Retter kam, von oben gesandt, zur Zeit unserer großen Not!«
16,7. Nach diesen Worten der Wehmutter wich alsbald die Wolke von der Höhle zurück, und ein gewaltiges Licht drang aus der Höhle der Wehmutter und dem Joseph entgegen, so daß es die Augen nicht zu ertragen imstande waren, und die Wehmutter sprach: »Wahr ist also alles, was ich gesehen habe im Gesichte! O Mann, du Glücklicher, hier ist mehr denn Abraham, Isaak, Jakob, Moses und Elias!«
16,8. Nach diesen Worten aber fing das starke Licht nach und nach erträglicher zu werden, und das Kindlein ward sichtbar, wie es gerade zum ersten Male die Brust der Mutter nahm.
16,9. Die Wehmutter aber trat mit Joseph nun in die Höhle, besah das Kindlein und dessen Mutter, und als sie alles auf das herrlichste gelöst fand, sagte sie:
16,10. »Wahrlich, wahrlich, das ist der von allen Propheten besungene Erlöser, der da ohne Bande frei sein wird schon im Mutterleibe, um anzudeuten, daß er all die harten Bande des Gesetzes lösen wird!
16,11. Wann aber hat jemand gesehen, daß ein kaum geborenes Kind schon nach der Brust der Mutter gegriffen hätte!?
16,12. Das bezeugt ja augenscheinlichst, daß dieses Kind einst als Mann die Welt richten wird nach der Liebe, und nicht nach dem Gesetze!
16,13. Höre, du glücklichster Mann dieser Jungfrau! Es ist alles in der größten Ordnung, darum laß mich aus der Höhle treten, denn mir fällt es schwer nun auf die Brust, da ich empfinde, daß ich nicht rein genug bin, um die zu heilige Nähe meines und deines Gottes und Herrn zu ertragen!«
16,14. Joseph erschrak völlig über diesen Worten der Wehmutter; sie aber eilte aus der Höhle ins Freie.
16,15. Als sie aber aus der Höhle trat da traf sie draußen ihre Schwester Salome, welche ihr ob des bewußten Gesichtes nachgefolgt war, und sprach sogleich zu ihr:
16,16. »Salome, Salome, komme und siehe mein Morgengesicht in der Wirklichkeit bestätigt! Die Jungfrau hat in der Fülle der Wahrheit geboren, was die menschliche Weisheit und Natur nimmer zu fassen vermag!«
16,17. Salome aber sprach: »So wahr Gott lebt, kann ich eher nicht glauben, daß eine Jungfrau geboren habe, als bis ich sie werde mit meiner Hand untersucht haben!«
* * * * *
Überprüfung der Jungfernschaft Marias durch die kritische Salome; Gottesgericht
17,1. Nachdem aber Salome solches geredet hatte, trat sie alsbald hinein in die Höhle und sprach:
17,2. »Maria, meine Seele beschäftigt kein geringer Streit; daher bitte ich, daß du dich bereitest, auf daß ich mit meiner wohlerfahrenen Hand dich untersuche und daraus ersehe wie es mit deiner Jungfrauschaft aussieht!«
17,3. Maria aber fügte sich willig in das Begehren der ungläubigen Salome, bereitete sich und ließ sich untersuchen.
17,4. Als aber Salome Marias Leib anrührte mit ihrer prüfenden Hand, da erhob sie alsbald ein gewaltiges Geheul und schrie überlaut:
17,5. »Wehe, wehe mir meiner Gottlosigkeit wegen und meines großen Unglaubens willen, daß ich habe wollen den ewiglebendigen Gott versuchen! Denn sehet, sehet hierher, meine Hand verbrennt im Feuer des göttlichen Zornes über mich Elende!!!«
17,6. Nach diesen Worten aber fiel sie alsbald vor dem Kindlein auf ihre Knie nieder und sprach:
17,7. »O Gott meiner Väter! Du allmächtiger Herr aller Herrlichkeit! Gedenke mein, daß auch ich ein Same bin aus Abraham, Isaak und Jakob!
17,8. Mache mich doch nicht zum Gespötte vor den Söhnen Israels, sondern schenke mir meine gesunden Glieder wieder!«
17,9. Und siehe, alsbald stand ein Engel des Herrn neben der Salome und sprach zu ihr: »Erhört hat Gott der Herr dein Flehen; tritt zu dem Kindlein hin und trage Es, und es wird dir darob ein großes Heil widerfahren!«
17,10. Und als solches die Salome vernommen hatte, da ging sie auf den Knien vor Maria hin und bat sie um das Kindlein.
17,11. Maria aber gab ihr willig das Kindlein und sprach zu ihr: »Es möge dir zum Heile gereichen nach dem Ausspruche des Engels des Herrn; der Herr erbarme Sich deiner«
17,12. Und Salome nahm das Kindlein auf ihre Arme und trug es kniend und sprach, sobald sie das Kindlein auf dem Arme hatte:
17,13. »O Gott, Du allmächtiger Herr Israels, der Du regierst und herrschst von Ewigkeit! In aller, aller Fülle der Wahrheit ist hier Israel ein König der Könige geboren, welcher mächtiger sein wird denn da war David, der Mann nach dem Herzen Gottes! Gelobt und gepriesen sei Du von mir ewig!«
17,14. Nach diesen Worten ward Salome alsbald völlig wieder geheilt, gab dann unter der dankbarsten Zerknirschung ihres Herzens das Kindlein der Maria wieder und ging also gerechtfertigt aus der Höhle wieder.
17,15. Als sie aber draußen war, da wollte sie alsbald laut zu schreien anfangen über das große Wunder aller Wunder und hatte auch ihrer Schwester sogleich zu erzählen angefangen, was ihr begegnet war.
17,16. Aber alsbald meldete sich eine Stimme von oben und sprach zu Salome: »Salome, Salome, verkündige ja niemandem, was Außerordentliches dir begegnet ist! Denn die Zeit muß erst kommen, wo der Herr von Sich Selbst zeugen wird durch Worte und Taten!«
17,17. Hier verstummte alsbald die Salome, und Joseph ging hinaus und bat die beiden Schwestern, nun wieder in die Höhle zurückzutreten nach dem Wunsche Marias, auf daß da niemand etwas merken solle, was Wunderbarstes in dieser Höhle nun vorgefallen sei. Und die beiden traten wieder demütig in die Höhle.
* * * * *
Lobgesang und Anbetung Jesu durch Engel und Hirten
18,1. Als aber alle also in der Höhle versammelt waren, da fragten die Söhne Josephs ihren Vater (den Joseph nämlich):
18,2. »Vater, was sollen wir nun tun; Es ist alles wohl versorgt! Die Reise hat ermüdet unsere Glieder; dürfen wir uns denn nicht zur Ruhe legen?«
18,3. Und Joseph sprach: »Kinder, ihr sehet ja, welch eine endlose Gnade von oben uns allen widerfahren ist; daher sollet ihr wachen und Gott loben mit mir!
18,6. Und die Söhne Josephs gingen hin und rührten das Kindlein an; das Kindlein aber lächelte sie an und streckte Seine Händchen nach ihnen aus, als hätte Es sie als Brüder erkannt.
18,7. Darob sie sich alle hoch verwunderten und sprachen: »Fürwahr, das ist kein natürliches Kind! - Denn wo hat jemand so etwas erlebt, daß jemand wäre von einem kaum geborenen Kinde gottseligst also begrüßt worden!-?
18,8. Zudem sind wir nun auch im Ernste noch obendrauf plötzlich also gestärkt worden in allen unseren Gliedern, als hätten wir nie eine Reise gemacht und befänden uns daheim an einem Morgen mit völligst ausgerastetem Leibe!«
18,9. Und Joseph sagte darauf: »Sehet, also war mein Rat gut! Aber nun merke ich, daß es anfängt, mächtig kühl zu werden; daher bringet den Esel und den Ochsen hierher! Die Tiere werden sich um uns lagern und werden durch ihren Hauch und ihre Ausdünstung einige Wärme bewirken; und wir selbst wollen uns darum auch um die Maria lagern!«
18,10. Und die Söhne taten solches. Und als sie brachten die beiden Tiere in die Nähe Marias, da legten sich diese sogleich am Hauptteile des Lagers Mariens und hauchten fleißig über Maria und das Kindlein hin und erwärmten es also recht gut.
18,11. Und die Wehmutter sprach: »Fürwahr, nichts Geringes kann das sein vor Gott, dem sogar die Tiere also dienen, als hätten sie Vernunft und Verstand!«
18,12. Salome aber sprach: »O Schwester, die Tiere scheinen hier mehr zu sehen als wir! Was wir uns noch kaum zu denken getrauen, da beten schon die Tiere an Den, der sie erschaffen hat!
18,13. Glaube mir, Schwester, so wahr Gott lebt, so wahr auch ist hier vor uns der verheißene Messias; denn wir wissen es ja, daß sich nie bei der Geburt selbst des größten Propheten solche Wunderdinge zugetragen haben!«
18,14. Maria aber sagte zur Salome: »Gott der Herr hat dir eine große Gnade erwiesen, darum du solches erschaust, davor selbst meine Seele erbebt.
18,15. Aber schweige davon, wie es dir zuvor der Engel des Herrn geboten hat; denn sonst könntest du uns ein herbes Los bereiten!«
18,16. Salome aber gelobte der Maria zu schweigen ihr Leben lang, und die Wehmutter folgte dem Beispiele ihrer Schwester.
18,17. Und so ward nun alles ruhig in der Höhle. In der ersten Stunde aber vor dem Sonnenaufgange vernahmen alle a gar mächtige Lobgesänge draußen vor der Höhle. (a Lukas.02,13)
18,18. Und Joseph sandte sogleich seinen ältesten Sohn, nachzusehen, was es sei, und wer so gewaltig singe die Ehre Gottes im Freien.
18,19. Und Joel ging hinaus und sah, daß alle Räume des Firmaments erfüllt waren hoch und nieder mit zahllosen Myriaden leuchtender Engel. Und er eilte erstaunt in die Höhle zurück und erzählte es allen, was er gesehen.
18,20. Alle aber waren hoch erstaunt über die Erzählung des Joel und gingen hinaus und überzeugten sich von der Wahrheit der Aussage Joels.
18,21. Als sie solche Herrlichkeit des Herrn gesehen hatten, da gingen sie wieder in die Höhle und gaben Maria auch das Zeugnis. Und Joseph sagte zur Maria:
18,22. »Höre, du reinste Jungfrau des Herrn, die Frucht deines Leibes ist wahrhaftig eine Zeugung des Heiligen Geistes Gottes; denn alle Himmel zeugen nun dafür!«
18,23. »Aber wie wird es uns gehen, so nun alle Welt notwendig erfahren muß, was hier vor sich gegangen ist? Denn daß nicht nur wir, sondern auch alle anderen Menschen nun sehen, welch ein Zeugnis für uns durch alle Himmel strahlt, das habe ich an vielen Hirten nun gesehen, wie sie ihre Angesichter gen oben gerichtet hielten!
18,24. und sangen mit gleicher Stimme mit den mächtigen Chören der Engel, welche nun Allen sichtbar erfüllen alle Räume der Himmel hoch und nieder bis zur Erde herab!«
18,25. »Und ihr Gesang lautete wie der der Engel: 'Tauet herab, ihr Himmel den Gerechten! Friede den Menschen auf der Erde, die eines guten Willens sind! - Und - Ehre sei Gott in der Höhe in Dem, der da kommt im Namen des Herrn!'
18,26. Siehe, o Maria, solches vernimmt und sieht nun die ganze Welt, also wird sie auch kommen hierher und wird uns verfolgen, und wir werden müssen fliehen über Berg und Tal!
18,27. Daher meine ich, wir sollten uns sobald als nur immer möglich heben von hier und, sobald ich werde beschrieben sein - was heute früh noch geschehen soll -, uns wieder begeben nach Nazareth zurück und von dort gehen zu den Griechen über, von denen ich einige recht wohl kenne! - Bist du nicht meiner Meinung?«
18,28. Maria aber sprach zu Joseph: »Du siehst aber ja, daß ich heute noch nicht dies Lager verlassen kann; daher lassen wir alles dem Herrn über. Er hat uns bisher geführt und beschützt, so wird Er uns auch sicher noch weiter führen und gar treulich beschützen!
18,29. Will Er uns vor der Welt offenbaren, sage: wohin wollen wir fliehen, da Seine Himmel uns nicht entdecken möchten?-!
18,30. Daher geschehe Sein Wille! - Was Er will, das wird recht sein! Siehe, hier auf meiner Brust ruht ja, Dem dieses alles gilt!
18,31. Dieser aber bleibt bei uns, und so wird auch die große Herrlichkeit Gottes nicht von uns weichen, und wir können da fliehen, wohin wir nur immer wollen!«
18,32. Als Maria aber noch kaum solches ausgeredet hatte, siehe, da standen schon zwei Engel als Anführer einer Menge Hirten vor der Höhle und zeigten den Hirten an, daß hier Derjenige geboren ist, dem ihre Lobgesänge gelten!
18,33. Und die Hirten traten ein in die Höhle und knieten nieder vor dem Kindlein und beteten Es an; und die Engel kamen auch scharenweise und beteten an das Kindlein!
18,34. Joseph aber blickte mit seinen Söhnen ganz erstaunt hin nach der Maria und dem Kindlein und sprach: »O Gott, was ist denn das? - Hast Du Selbst Fleisch angenommen in diesem Kinde?
18,35. Wie wohl wäre es möglich sonst, daß Es angebetet würde selbst von Deinen heiligen Engeln? Bist Du aber hier, o Herr, was ist denn nun mit dem Tempel und mit dem Allerheiligsten?«
18,36. Und ein Engel trat hin zum Joseph und sprach zu ihm: »Frage nicht und sorge dich nicht: denn der Herr hat die Erde erwählt zum Schauplatze Seiner Erbarmungen und hat nun heimgesucht Sein Volk, wie Er es vorhergesagt durch den Mund Seiner Kinder, Seiner Knechte und Propheten!
18,37. Was aber geschieht nun vor deinen Augen, das geschieht nach dem Willen Dessen, der da ist heilig überheilig.«
18,38. Hier verließ der Engel den Joseph und ging wieder hin und betete an das Kindlein, welches nun alle die Betenden mit offenen Händchen anlächelte!
18,39. Als aber nun die Sonne aufging, da verschwanden die Engel: aber die Hirten blieben und erkundigten sich beim Joseph, wie möglich doch solches vor sich gegangen ist?
18,40. Joseph aber sagte: »Höret, wie wunderbar das Gras wächst aus der Erde, also geschah auch dieses Wunder! Wer aber weiß, wie das Gras wächst? So wenig weiß ich euch auch von diesem Wunder kundzugeben! Gott hat es also gewollt; das ist alles, was ich euch sagen kann!«
* * * * *
Bericht der Hebamme an Römer Kornelius, Leiter der Schätzkommission
19,1. Die Hirten aber waren mit diesem Bescheide zufrieden und fragten den Joseph nicht weiter und gingen von dannen und brachten der Maria allerlei Stärkungen zum Opfer.
19,2. Als die Sonne aber schon eine Stunde der Erde geleuchtet hatte, da fragte Joseph die Wehmutter:
19,3. »Höre mich an, du meine Freundin und Schwester aus Abraham, Isaak und Jakob! Siehe, mich drückt die Beschreibung ganz gewaltig, und ich wünsche nichts sehnlicher, als sie hinter mir zu haben.
19,4. Ich aber weiß nicht, wo in der Stadt sie gehalten wird; laß daher die Salome hier bei der Maria, mich aber führe mit meinen Söhnen hin zu dem römischen Hauptmann, der da die Beschreibung führt:
19,5. Vielleicht werden wir sogleich vernommen werden, so wir sicher die ersten dort sein werden.«
19,6. Und die Wehmutter sagte zum Joseph: »Gnadenvoller Mann, höre mich an! Der Hauptmann Kornelius aus Rom wohnt in meinem Hause, das schier eines der ersten ist in der Stadt;
19,7. und hat daselbst auch seine Amtsstube. Er ist zwar ein Heide, aber sonst ein guter und rechtlicher Mensch; ich will hingehen und ihm alles anzeigen bis auf das Wunder, und ich meine, die Sache wird abgetan sein.«
19,8. Dieser Antrag gefiel dem Joseph wohl, da er ohnehin eine große Scheu vor den Römern, besonders aber vor der Beschreibung hatte; er bat daher obendrauf noch die Wehmutter, solches zu tun.
19,9. Und die Wehmutter ging und fand den Kornelius, der noch sehr jung war und am Morgen gerne lang schlief, noch im Bette und gab ihm alles kund, was da notwendig war.
19,10. Kornelius aber stand sogleich auf, warf seine Toga um und sprach zu seiner Hausherrin: »Weib, ich glaube dir alles; aber ich will dennoch selbst mit dir hingehen, denn ich fühle einen starken Drang dazu!
19,11. Es ist nach deiner Erzählung nicht weit von hier, und so werde ich zur rechten Zeit noch am Arbeitstische sein! Führe mich also nur gleich hin!«
19,12. Und die Wehmutter erfreute sich dessen und führte den ihr wohlbekannten biederen, jungen Hauptmann hin, welcher ihr vor der Höhle gestand und sagte: »O Weib, wie leicht gehe ich in Rom zu meinem Kaiser, und wie schwer wird es mir hier, in diese Höhle einzutreten!
19,13. Das muß etwas Besonderes sein! Sage mir doch, ob du irgendeinen Grund weißt; denn ich weiß, daß du eine biedere Jüdin bist!«
19,14. Die Wehmutter aber sprach: »Guter Hauptmann des großen Kaisers! Harre hier vor der Höhle nur einen Augenblick; ich will hineingehen und will dir die Lösung bringen!«
19,19. Und Joseph führte den Kornelius in die Höhle. Als aber dieser das Kindlein erblickte, wie Es ihm entgegenlächelte, da erstaunte er ob solchen Benehmens des Kindleins und sagte: »Beim Zeus, das ist selten! Ich bin ja wie neu geboren, und noch nie habe ich eine solche Ruhe und Freude in mir gewahrt! - Fürwahr, heute sind Geschäftsferien, und ich bleibe euer Gast!«
* * * * *
Ende des Abschnitts der Geburt Jesu Christi
Darauf folgen:
- ein 6-tägiger Aufenthalt in der Höhle
- Darstellung und Beschneidung Jesu im Tempel
- Greisin Hanna begrüsst Jesus
- Besuch der 3 Weisen aus Persien
- Die Flucht nach Ägypten; Kindermord des Herodes